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[Übersicht der Interviews]
Warhead
Thema: Todesstrafe
Gegründet 1993 durch Peter Breitenbach, Benjamin zur Heide und Björn Eilen konnte die Osnabrücker Metal Formation WARHEAD erstmals 1995 verstärkt auf sich aufmerksam machen, als sie von ihrem ersten Demo beeindruckende 500 Stück absetzen konnten. Dieser Achtungserfolg blieb nicht ohne Wirkung, und so erschien 1997 ihr reguläres Debütalbum Good Part Of Each, dem ein Jahr später eine vierwöchige Tournee im Vorprogramm von U.D.O. folgte. 1999 unterschrieben WARHEAD dann einen Vertrag bei Noise Records und es folgte die Veröffentlichung ihres zweiten Albums Perfect/Infect. Noch im selben Jahr begaben sich die Jungs unter der Regie von Uwe Lulis (GRAVE DIGGER) in das Black Solaris Studio bei Frankfurt, um mit den Aufnahmen und dem Mix für das Konzeptalbum Beyond Recall zu beginnen, das nun als neuestes und bislang interessantestes Album vorliegt. Dieses Konzeptalbum erzählt die Geschichte eines zum Tode verurteilten Mannes, der im Todestrakt seine Hinrichtung erwartet. Es ist eine emotionale Geschichte von Gewalt und Reue, Angst und Ungewissheit, banger Hoffung und Verzweiflung, und immer aus der Perspektive des verurteilten Mörders geschrieben. Beyond Recall ist kein Album mit einer politischen Aussage für oder gegen die Todesstrafe - vielmehr stehen die Geschichte und die Gedanken eines Menschen im Vordergrund, der getötet hat und den nun selber der Tod erwartet ... viel diskussionswürdiger Stoff also. Die Story beginnt mit dem Raubüberfall eines Supermarkts, bei dem der Täter in Raserei zwei unschuldige Angestellte erschießt und dann ... Aber lassen wir an dieser Stelle WARHEAD doch selbst zu Wort kommen.
? Also denn, bitte erzähl doch mal, wie die Story dann weitergeht?
Der Mörder wird direkt nach der Tat bei seinem Fluchtversuch von den Bullen gefaßt und in einem Streifenwagen abgeführt. Es gibt eine erste Gerichtsverhandlung bei der er schuldig gesprochen und in ein Hochsicherheitsgefängnis abtransportiert wird. Im Knast wird er von Zweifeln geplagt, Zweifel über sich selber, über den Staat, über Gott und über die Todesstrafe, mit allem was dazugehört (Wärter, Gericht, usw.). Es gibt dann die Abweisung seiner Begnadigung und zum Schluß wird der Mörder durch die Giftspritze hingerichtet. Das ist jetzt die absolute Kurzform ... die Story ist also wirklich interessant und es lohnt sich, die Lyrics aufmerksam mitzulesen.
? Was haltet Ihr generell von der Todesstrafe?
Ich persönlich bin mir ziemlich sicher, daß die Todesstrafe nicht die Lösung der Probleme ist, die wir mit Gewalt und Verbrechen haben. Der Abschreckungseffekt ist nicht vorhanden. Wenn die Kriminalität durch die Todesstrafe drastisch zurückginge, dann hätte ich vielleicht noch Verständnis, doch leider ist es in den USA zum Beispiel zur Mode geworden, Mörder auf diese Art und Weise loszuwerden. Das ist in meinen Augen keine Problembewältigung, sondern ein Eingeständnis der Hilflosigkeit des Staates. Ich bin also ein Gegner der Todesstrafe, wobei ich vielleicht bei wirklichen Massenmördern oder in krassen Fällen eine Ausnahme machen würde, aber auch nur vielleicht. Das Problem in den USA ist in Wirklichkeit das Waffengesetz, doch Politiker haben gegen die Industrielobby wohl die schlechteren Karten. Die Todesstrafe ist also mehr als fragwürdig.
? Die Kriminalitätszahlen steigen weltweit leider permanant an. Sind die Gesetze zu lasch oder wie kann man Deiner Meinung nach dieses Problem in den Griff bekommen?
Das geht nur, indem man langfristig denkt. Man muß bei den Kindern anfangen, d.h. die Erziehung muß besser und gezielter eingesetzt werden. Mehr Forschung in diesem Bereich wäre vorteilhaft. Wie soll man Gewalt in kurzer Zeit stoppen, wenn sie über Jahrzehnte, Jahrhunderte oder Jahrtausende wächst? Doch Weitsicht ist Politikern ja schließlich nicht nachzusprechen. Denen geht es darum, Gelder auf Schwarzen Konten zu horten, von der Industrie bestochen zu werden oder sich von Praktikantinnen einen blasen zu lassen. Wie soll man da noch irgendwelche Werte vermitteln? Und was die USA betrifft, so wäre eine Änderung des Waffengesetzes dringend notwendig. Das würde sogar kurzfristig helfen.
? Wie wurdet Ihr eigentlich zu dieser Story inspiriert? Das erste, was mir persönlich ehrlich gesagt in den Sinn gekommen ist, ist Stephan Kings The Green Mile ... hat dieser Sechsteiler ebenfalls Anteil an der Idee zum Album?
Nein, den habe ich nicht gelesen. Die Inspiration zu diesem Thema kam aus mir selber. Ich beschäftige mich sehr, sehr oft mit dem Tod, dazu gehört auch die Todesstrafe. Unterstützung hat sicherlich der Film Dead Man Walking gegeben, sowie ein Buch namens Leben und Sterben im Todestrakt von Margrit Sprecher. Die CD ist aber entstanden, weil wir uns alle für dieses Thema interessieren.
? Was waren für Euch bei der Vertonung der Story die wichtigsten Faktoren?
Dieses Thema war uns wie auf den Leib geschnitten, das paßte einfach zu unserer Mentalität und unserem Stil, den wir ja nicht gravierend verändert haben. Wir mußten also einfach nur so bleiben wie wir sind. Wir wollten lediglich eingängiger werden und haben uns stark auf das Songwriting und den Wiedererkennungswert konzentriert, was uns auch wirklich sehr gut gelungen ist. Bei diesem Album schlüpfe ich auch in die Rolle des Mörders. Großes Augenmerk liegt also auf dem Gesang, dem Ausdruck und der Umsetzung des Themas. Zudem sollte auch musikalisch nicht der Eindruck erweckt werden, wir würden einen Mord verharmlosen (Heulsusenballaden). Ich bin überglücklich mit dem Ergebnis!
? Teilweise geht Euer Stil fast schon in Richtung Thrash Metal. Wie würdest Du Eure Mucke denn selbst beschreiben?
Die Bezeichnung "Realo-Metal" wäre bei uns wahrscheinlich am angebrachtesten. Zum einen spielen wir puren Metal, zum anderen handeln unsere Songs vom "hier und jetzt".
? Musikalisch seid Ihr zweifellos recht vielseitig. Wie sieht's aber gesanglich aus? Nimm's mir bitte nicht für übel, aber oftmals hört man Euch das Herkunfsland Deutschland doch stark an ...?
Hmm, da kenne ich nicht viele, die Deine Meinung teilen. Und gerade auf Beyond Recall habe ich mit einem Engländer zusammengearbeitet, gesanglich und textlich. Von ihm gab es da keine Beanstandungen, das war uns von vornherein wichtig, außerdem habe ich eine sehr gute englische Aussprache. Vielleicht bist Du einfach nur vorbelastet, da Du in Deinem Unterbewußtsein schließlich die Kategorie "deutsche Band" gespeichert hast. Ich muß Dir da also ganz klar widersprechen. Es gibt aber genügend deutsche Bands auf die das eventuell zuträfe, womit ich überhaupt kein Problem habe, schließlich ist das kein Grund die Musik deshalb nicht zu hören. Auf uns trifft das aber nicht zu.
? Würdest Du mir zustimmen, daß Beyond Recall auch Euer bislang modernstes Metal Album ist?
Mit Sicherheit ist das unser modernstes Album und meiner Meinung nach auch mit Abstand unser bestes. In all den Jahren hat sich WARHEAD stetig weiterentwickelt und tut dies immer noch. Beyond Recall ist ein absolutes Zeugnis dafür.
? Was steht sonst noch in diesem Jahr an? Wird es wieder eine Tournee als Supportact geben, wenn "ja" mit wem und stehen schon konkrete Tourdates fest?
Wir gehen im Package auf Tour, und zwar vom 06.04. - 15.04.2000 in Deutschland. Im Januar und Februar spielen wir je eine Show mit GRAVE DIGGER in Bochum, Schweden und Belgien. Die Tourdaten werden mit einem Aufkleber auf der neuen CD veröffentlicht. Außerdem erfährt man nahezu alles über uns auf unserer Homepage www:warhead.de. Wer noch nicht drauf war, sollte dies nachholen. Ich freue mich auf Euch alle live-!
Wolfgang Volk (01.07.2000)