Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich KING DIAMONDs
The Eye zum erstenmal gehört habe. Wochenlange Vorfreude und dann: die totale Enttäuschung! Voller Wut und zugleich zutiefst deprimiert teilte ich meiner Freundin mit, daß dies wohl die größte Enttäuschung des Jahres 1990 sei und daß ich mir dieses Album vielleicht nie wieder anhören würde. Gott sei Dank äußerte ich diese selten dämliche Aussage lediglich in meiner ersten Wut, denn es sollte anders kommen und meine zunächst extrem negative Meinung über dieses diamantene Meisterwerk revidierte sich von Tag zu Tag. Was ich mit dieser ellenlangen Einleitung sagen will, ist, daß manche Platten eben ihre Zeit brauchen, bis sie vom Zuhörer/Fan "richtig" angenommen, verstanden und beurteilt werden können, und gerade sind es oftmals Alben, die einem beim erstenmal weniger gefallen, die sich dann zu den absoluten Faves entwickeln ... wie eben KING DIAMONDs
The Eye. War man vom dänischen Diamantenkönig doch immer Kracher zum Einstand eines jeden Albums gewohnt (z.B.
The Candle,
Arrival), so schockt
The Eye mit einer totalen Überraschung in Form von
Eye Of The Witch, das im Midtempo gehalten ist und zunächst die Power der sonst üblichen DIAMONDschen Opener vermissen läßt. Völlig ungewöhnlich ist dann auch der zweite Track des Albums -
The Trial (Chambre Ardente) - der einen Dialog zwischen dem Inquisitionsrichter Nicholas de la Reymie und der angeklagten angeblichen Hexe Jeanne Dibasson darstellt. Hier versteht es der KING wie kein anderer, den Zeitgeist des 15. Jahrhunderts und den bösartigen Wahnsinn dieser Zeit musikalisch umzusetzen.
Burn ist dann die erste Nummer der Scheibe, die stilistisch voll zum bekannten KING DIAMOND Stil paßt - schnell, größtenteils eingängig und mit dem typischen Eunuchengesang im Vordergrund.
Two Little Girls ist anschließend im Prinzip die Einleitung zur eigentlichen Story um Madeleine Bavent, die in den folgenden Songs ihren Fortgang findet. Und diese Songs sind allesamt Meisterwerke königlichen Schwermetalls, bei denen wie gehabt das sensationelle Gitarrenspiel von Andy LaRocque sowie die diamantenen Vocals von KING den Ton angeben (natürlich ebenfalls erwähnenswert: das fantastische Drumming von Snowy Shaw). Apropos Vocals: vielleicht sollte man an dieser Stelle noch anmerken, daß
The Eye den KING in seiner ultimativ besten Form widerspiegelt - so genial wie z.B. auf
Behind These Walls hat der Meister des Horror Metals noch nie gesungen. Fazit dieses Classic-Reviews: a) eine hervorragend recherchierte (wahre) Geschichte, die b) perfekt vertont wurde und c) KING DIAMOND von seiner innovativsten Seite zeigt. Ergebnis: ein Heavy Metal Album, das zunächst seine Zeit braucht, aber dann ohne Ende begeistert und somit die Höchstpunktzahl verdient.