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At Vance - No Escape / Heart Of Steel
(Shark Records) 42,55 min / 45,30 min

Yngwie Malmsteen meets Blind Guardian, so war mein erster Eindruck von der Band rund um Mastermind Olaf Lenk - aber mit dieser Umschreibung wird man der Musik von AT VANCE nicht so ganz gerecht, denn es steckt weit mehr dahinter. Sicher erkennt man aus den o.g. Namen gewisse Elemente wieder; hoher musikalischer Anspruch und harmonisch-moll bis der Arzt kommt (Yngwie) gepaart Power und Geschwindigkeit und hymnenartigen Chören, die bisweilen leider etwas kitschig klingen (Blind Guardian), das macht die Songs von AT VANCE aus. Das Sahnehäubchen ist hierbei der Gesang von Oliver Hartmann, der mich des öfteren an Jeff Scott Soto erinnert, was aber nur Vergleich oder grobe Umschreibung sein soll. Denn der gute Olli kreischt sich teilweise derart den Wolf, daß man meint, es ginge um sein Leben – einfach geil! Schreihälse wie Udo Dirkschneider oder Chris Boltenthal müßten angesichts dieser Vocals eigentlich vor Scham tot umfallen. Der 1999 erschienene Erstling No Escape wurde noch mit einem anderen Line-Up eingespielt und ist produktionstechnisch zwar etwas weniger kräftig als der diesjährige Nachfolger Heart Of Steel, dafür für meinen Geschmack viel differenzierter, denn der Neuling klingt besonders bei den härteren Passagen oft sehr matschig. Hervorzuheben wären beim Debüt der Opener Flying High, der Titelsong No Escape und das etwas langsamere Die In Your Arms, bei dem sich Olli Hartmann wirklich um Kopf und Kragen singt. Die Highlights der zweiten Platte sind Heart Of Steel, Don't You Believe A Stranger und das sehr schöne Why Do You Cry?, dessen Refrain mich unweigerlich an die Trilogy von Herrn Malmsteen erinnert. Erwähnenswert sind auch die beiden Coverversionen von Abba, von denen je eine auf jeder Scheibe zu finden sind, nämlich Money, Money, Money auf dem Erstling und S.O.S. auf der neuen Scheibe; so schafft man es auch ohne Alchimie aus schwedischem Holz Stahl zu schmieden. Bei allem Lob ist meines Erachtens auch etwas Kritik angebracht. So empfinde ich die Instrumentalausflüge bei den Klassikinterpretationen auf den beiden Platten als sehr überflüssig. Und die etwas dümmlichen Heldentexte tragen auch nicht gerade dazu bei, daß die Band eines Tages für den Georg-Büchner-Preis nominiert wird. Man sollte das sicher nicht so ernst nehmen, aber für mich gehört zu einem guten Song auch immer eine gute Aussage. Nichtsdestotrotz ist AT VANCE ein Name, den man sich auf jeden Fall merken sollte, denn ich bin mir sicher, daß man von dieser Band noch viel hören wird. Und unterm Strich bleibt immer noch genügend Qualität, die eine hohe Benotung beider Platten rechtfertigt.
Jeweils 13 Punkte
Jörg Friedrich (13.07.2000)