Für das dritte Werk dieser Supertruppe braucht man unter Umständen ein wenig Eingewöhnungszeit. Aber nach ein paar Durchgängen geht das Teil ab wie nix; und im Ernst: Wer hätte was anderes erwartet? Zwar sucht man genial eingeflochtene Zitate der Großen der 70er diesmal vergeblich. Dafür haben wir es hier mit einer bombastischen, sphärischen, psychedelischen, irrsinnig fetzigen und hundertprozent eigenständigen Mischung zu tun. Das ist eben die hohe Kunst:
Höchst abgefahrene Sounds mit Eingängigem zu verschmelzen, und zwar nicht irgendwie, sondern genau SO. Es gibt so viele Details zu entdecken, die die Morse-Brüder und ihre Jünger hier wieder eingebaut haben, man kann sich nicht satt daran hören. Gleich beim Opener
The Good Don't Last sieht man brettharte Gitarrenwände auf sich zurollen, plötzlich unterbrochen von einer Cello-Einlage (!), dann wieder brachial losschmetternd. Über allem schwebt der kräftige Gesang von Mastermind Neal Morse, und hinter und zwischen und über allem das begnadete Drumming von Nick D'Virgilio sowie der wummernde, groovende Rickenbacker von Dave Meros und knackige Hammonds und Mellotrons von "Zweitkeyboarder" und Klassenclown Ryo Okumoto. Der Sound von SPOCK'S BEARD bildet eine Gesamtheit, wie man sie noch nicht gehört hat. Um schweren Herzens nur zwei Highlights herauszuheben, da wäre z.B.
Flow, das mit seinen drei Unterparts 15 Minuten lang ist und so ziemlich alles an die Wand spielt, was es in diesem Genre an guten Einfällen während der letzten 25 Jahre gegeben hat. Und die Ballade
June ist keine Sekunde anbiedernd, und könnte – entsprechendes Airplay vorausgesetzt – so dermaßen abzocken, daß die Truppe die längste Zeit ein Schattendasein gefristet hat. Bevor ich endgültig abhebe, höre ich jetzt besser auf – allerdings nicht, ohne diesem Hammerteil die pralle Höchstpunktzahl zu verpassen.