Ehrlich gesagt kann ich nicht verstehen, warum
Falling Into Infinity in anderen Magazinen so toll abschneidet. Es war zwar zu erwarten, daß die genialkomplizierten Kompositionen von
When Dream And Day Unite nicht mehr vertreten sein würden, aber auch epischmonumentale Meisterwerke wie
Metropolis oder
Learning To Live sucht man auf der neuesten DREAM THEATER-Scheibe vergeblich. Musikalisch beschränkt man sich zu einem Großteil der Songs auf für DT-Verhältnisse eingängige und simple Strukturen, die in dieser Art mit Sicherheit nicht erwartet wurden. Der Tiefpunkt in dieser Hinsicht ist zweifellos das von Desmond Child (!!!) geschriebene
You Not Me, bei dem Mike Portnoy während des Einspielens getrost einen Kaffee trinken konnte. Mit neuen Soundeffekten wurde bis zum Abwinken experimentiert, was bei
Lines In The Sand oder gleich zu Beginn auf
New Millenium deutlich wird. Dagegen ist prinzipiell ja nichts einzuwenden, aber es ist schon traurig, daß eine so geniale Band wie DREAM THEATER auf solche Effekthascherei zurückgreift, anstatt wie früher einfach nur musikalisch alles an die Wand zu spielen. Und wenn man denkt, jetzt legen die Jungs richtig los, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß im Studio eine rote Lampe angegangen ist und die Handbremse angezogen werden mußte. Beispiel hierfür ist
Lines In The Sand, wo am Anfang alles darauf hindeutet, daß jetzt ein Feuerwerk an Musikalität abgebrannt wird. Doch weit gefehlt, die Ansätze verpuffen größtenteils ohne weitere Steigerung. Das hört sich bis jetzt extrem negativ an, aber das soll nicht heißen, daß
Falling Into Infinity ein schlechtes Album ist. Die Enttäuschung ist vielmehr in Hinblick auf die Vergangenheit zurückzuführen, als DREAM THEATER mit den sensationellen
When Dream And Day Unite und
Images And Words Progressive Metal Geschichte geschrieben haben. Auch
Falling Into Infinity überzeugt bedingungslos durch das überragende musikalische Können von Petrucci, Portnoy & Co., wenn auch dieses Können nicht voll ausgereizt wird. Wenn
Falling... von einer anderen Band herausgekommen wäre, würde ich nie und nimmer von einer Enttäuschung sprechen. Doch DT müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, daß man von ihnen mehr erwarten konnte.