Zugegeben, ich bin nicht unbedingt ein CAMEL-Fan, und ein Experte auf diesem Gebiet genauso wenig, daher fällt es mir etwas schwer, diese beiden auf
InsideOut wiederveröffentlichten Outputs zu besprechen. Mir ist wohl bewusst, dass es schon fast an Blasphemie zu grenzen scheint, über die "heiligen" CAMEL und Andy Latimer irgendwas Negatives zu sagen. Aber irgendwann ist wohl immer das erste Mal. Aber gehen wir chronologisch vor.
Dust And Dreams wurde ursprünglich 1991 nach einer 7jährigen Schaffenspause veröffentlicht, und es handelt sich um die musikalische Umsetzung von John Steinbecks Roman
The Grapes Of Wrath ("Die Früchte des Zorns"). Ein recht anspruchsvolles Konzept also, das sich Meister Latimer hier vorgenommen hatte. Von einigen Leuten wird diese musikalische Umsetzung des Steinbeck-Klassikers sogar als bestes CAMEL-Werk überhaupt angesehen. Vielleicht ist es das, und ich begreife nur das Ausmaß der Genialität nur nicht. In der Praxis sieht das jedenfalls so aus: Der Hörer wird entführt in ruhige, melancholische, verträumte musikalische Stimmungswelten, immer wieder durchsetzt von Latimers glasklarer Gitarre, der es versteht, verschiedene Stimmungslagen wie Wut, Enttäuschung, Ausweglosigkeit etc. damit zum Ausdruck zu bringen. Für mich ist Latimers Gitarre eindeutig das beste, was die Musik von CAMEL zu bieten hat, und es gibt sogar Tracks von CAMEL, die mich richtig begeistern können, wie z.B.
Pressure Points von
Stationary Traveller. Trotzdem macht mich das noch nicht zum begeisterten CAMEL-Freak, dazu fehlt mir einfach die Würze und der Spannungsbogen. Nix gegen ruhige, verträumte Musik, aber hier macht sich bei mir nach kurzer Zeit dann doch die Langeweile breit und ich werde etwas schläfrig, von gelegentlichen, lauteren Ausbrüchen, wie z.B.
Hopeless Anger, immer mal wieder wachgerüttelt. Eine zeitlang ist das alles mal ganz schön, aber irgendwann weiß man's dann. Als Filmmusik könnte ich mir das prima vorstellen, aber so ... Zuletzt vermisse ich bei der Umsetzung dieses musikalischen Themas auch etwas den Lebenswillen, das Positive, das Steinbecks Charaktere beflügelt.
Ähnlich sieht es auch bei
Harbour Of Tears (ursprünglich aus 1996) aus. Inhaltlich handelt es vom
Harbour Of Tears, dem Hafen der irischen Stadt Cobh, von wo früher die Emigrantenschiffe nach Amerika ausliefen. Wenn ich mich jetzt besser in britischer Geschichte auskennen würde, könnte ich jetzt mit dem Wissen prahlen, wann das genau war – so würde ich dann aber doch lieber das Publikum befragen. Egal. Jedenfalls findet man auch hier wieder die melancholisch-verträumte Grundstimmung vor, weitgehend instrumental gehalten und getragen von Latimers gefühlvoller Gitarre und Keyboard-Teppichen en masse. Angereichert wird das ganze – in Anlehnung an das irische Thema – von einigen folkloristischen Elementen. Auch hier muss ich mich wieder relativ früh zu einer gewissen Bettschwere bekennen, die schon bei
Dust And Dreams an meine Tür geklopft hatte, und seitdem mein treuer Weggefährte gewesen war. Spätestens, nachdem die schon eingangs gehörte Frauenstimme nach 45 Minuten das Werk wiederum mit einer irischen Melodie verklingen lässt und somit den Übergang schafft zu einem weiteren 15minütigen, leise zu vernehmenden Wasserrauschen, über dessen Sinn man sich wie immer bei solchen angehängten (Quasi)-Leerlaufpassagen streiten kann, bin ich dem Einschlaftod nahe. Da ich mich hierfür einfach nicht kompetent fühle und CAMEL-Fans nicht in ihrem Glauben verletzen möchte, lasse ich das ganze mal Ohne Bewertung stehen.
Ohne Bewertung